?.?.1999-27.12.2008

Ganz ohne Leonberger geht es nun wirklich nicht...  Da hier zu der Zeit noch Platz für einen weiteren Hund vorhanden war, sollte ein weiterer Nothund in das damalige Minirudel "Flash & Bella" eingebunden werden.
Das Interesse hierbei erneut einen Hovawart Rüden aufzunehmen, durch die äußerst positiven Erfahrungen mit Flash bestärkt wurden, machte ich mich zuerst auf  die Suche nach einem in Not geratenen Vertreter der Rasse..
Es gab einen Kandidaten, wurde ausgetestet und hätte keine Probleme aufgeworfen. Letztendlich hat es dann doch wohl nicht sein sollen.
Ich wandte mich dann direkt an eine Aktion die sich um in Not geratene Hovawarte kümmert, doch bekam nicht einmal eine Antwort. Die Person die diese mangelnde Befähigung aufwies ist mir persönlich bekannt. Des weiteren hat sie sich zu der Zeit u.a. im Umgang mit den Leonbergern selbst ad Absurdum geführt.
Die Beweise, Zeugenaussagen, Schriftsätze,  liegen mir natürlich vor. Da hilft kein Zetern, die Wahrheit kommt immer ans Licht. Absolut kein Problem.
Zwischenzeitlich erreichte mich dann eine Meldung über einen Leonberger Rüden der sich in schlechtem Zustand in einem Tierheim befand. Ich gab zu verstehen das ich Interesse bekunde.
 
Die Bilder die ich erhielt sprachen Bände... 
 

Zustand im Tierheim

 

 

Erste Besserung in der Pflegestelle

 

Von Tag zu Tag schöner...

 

Der Rüde befand sich wahrlich in einem schlimmen Zustand. Bis auf die Knochen abgemagert, diverse Bissverletzungen, Aufschürfungen, völlig verklebtes Fell. Physisch, wie auch psychisch, am Ende. Er wurde seitens einer Tierfreundin umgehend herausgeholt, in eine Pflegestelle gebracht.
Erstversorgung, Ansprache, gutes Futter, Fellpflege. Mittlerweile stand fest das ich den Kerle übernehme. Am 5.4.2003 war es soweit.
Was ich vorfand war ein kleiner Leo (Größe einer Hündin) mit einem sehr freundlichen, einnehmenden Wesen. Der Kontakt war schnell geschlossen, nach wenigen Stunden ging es zurück nach Hause.
Hier wartete der nächste Stress auf Mini Balou, die Einbindung ist das bestehende Rudel. Zuerst mit  Flash, dann mit Bella. Zum Schluss alle gemeinsam auf neutralem Gelände, später im Auslauf, dann noch im Haus.
 
Da dies immer mit Spannung, Stress, verbunden ist frug ich Gisela - Tierhilfe Ibbenbüren - ob sie sich das antun würde. Sie kam und half tatkräftig mit das dieser erste Kontakt positiv verlief.
Beide Rüden zeigten ein sauberes Verhalten, es gab keine körperliche Auseinandersetzung. Erst am nächsten morgen  konnten es die beiden Hundemänner nicht lassen.
Ein lautstarkes Gerangel, ohne Bissverletzungen. Jeder hielt sich an Vorgaben die darauf abzielten keine bösen Verletzungen zu produzieren. Die Hündin mischte sich nicht ein.
 

 
 

Anfang April 2003

Ende April 2003

 

 

 
Mit nicht geringem Erstaunen wurde mir im Laufe der Zeit erzählt, das diese Zusammenführung eigentlich gar nicht möglich wäre, da dies in Zusammenhang mit einem Hovawart große Probleme aufwerfen würde. Hierbei noch erschwerend da Hovi Flash ebenfalls aus zweiter bzw. dritter Hand sei.
Mit Verlaub. Es ist zwar niedlich Elegien/Phantasien in die jeweilige Rasse zu projizieren, doch letztendlich sind es zuallererst Hunde. Will heißen, das es keine Automaten sind welche nach Schema F ihr Leben durchlaufen.  Ganz im Gegenteil. Hunde sind von ihrem Verhalten her sehr fein strukturiert aufgebaut. Um das zu verstehen muss man sich mit ihnen befassen, auf sie eingehen. Wer glaubt das irgendeine Methode hierbei reicht irrt, bzw. ist nicht befähigt sich auf die sehr diffizilen Verhaltensstrukturen eines Hundes einzulassen. Es gibt keine allumfassende Gebrauchsanweisung, sondern nur das sich individuell darstellende Lebewesen Hund.
 
Elementar wichtig insgesamt das - wie hier geschehen - beide Rüden ein sauberes Sozialverhalten an den Tag legen. Von menschlicher Seite die Gegebenheiten akzeptiert, wenn notwendig leitend eingegriffen wird. Hierbei unter der Maßgabe keine Polarisierung,  sondern ein Gleichgewicht zu schaffen. Das ist möglich wenn Augen, Ohren offen sind, jede Nuance beobachtet wird.
 
Ich gebe unumwunden zu das die erste Zeit mit Stress verbunden ist. Das ganze Gleichgewicht gerät ins Wanken, es kommt zu Unruhe, Neuorientierung. Der Neuling möchte wissen, die vorhandenen Vierbeiner möchten auch wissen was nun laufen wird.
Es ist kein Spiel, kein Hobby für zwischendurch. Ist es geschafft so darf man sich für die Vierbeiner freuen, kann zur Tagesordnung übergehen. Der eigene Anteil hinsichtlich Einbindung tritt dabei in den Hintergrund bzw. ist längst nicht so hoch zu bewerten wie mir des Öfteren kundgetan wird.

 

 
Vier Jahre sind seit der Übernahme vergangen. Balou ist weiterhin der Chef, doch er vergeudet nicht viel Energie daran dieses ununterbrochen darlegen zu müssen.  Altersmäßig dürfte er nun(2007) bei ca. 8 Jahren liegen. Für einen Leonberger beachtlich. Würde er auf Ausstellungen gehen wäre er nun schon in der Seniorenklasse. Leider kein Scherz, die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 7,04 Jahren. Nicht wie man es etwas "freundlicher" darlegt bei 7,4 Jahren.
Die Leute die für diesen Missstand verantwortlich sind lernen es wohl nie. Wollen es allerdings auch nicht!
Balou ist sehr anhänglich, freundlich, einfach umwerfend. Leonberger sind tolle Hunde. Kaufen? Nein,wahrscheinlich nicht mehr! Übernehmen aus Not = Jederzeit.
 

 
Zusammen mit Flash, Asko und Efendi bildet er die Männerriege im Rudel. Auch wenn sie sich nicht tagtäglich in den Armen liegen klappt das Zusammenleben. Auf Grund seines Alters zieht er sich halt etwas zurück, möchte viel schlafen, viel gestreichelt werden. Wenn ich  die im Grunde gleichaltrigen Rüden (Flash, Asko, Efendi) betrachte ist diese Feststellung geradezu ein Witz. Nur, so ist es. Deshalb beantworte ich Anfragen zu Leonbergern abschlägig. Was hat es für einen Sinn eine Zucht zu unterstützen die sich einen Teufel um die Gesundheit dieser Rasse schert? Wer glaubt das es sicherlich Ausnahmen sind kann sein Geld gerne ausgeben, doch bitte nicht dann mich anmailen und das Leid klagen. Besser die, welche für diesen Schlamassel zuständig sind, zur Verantwortung ziehen.
 

2007.... Kennen Sie die Werbung ? =

Älterer Mann am Badestrand, unübersehbarer Bauch, ein paar junge Frauen kommen. Der gute Mann zieht den Bauch ein, strafft sich. Die Werbung sagt = "Hält 45 Sekunden" ?? Tja, das ist Balou. Nach seinem Impfpass Baujahr 1999 ist der Kerle 8 Jahre alt. Seine Hüften sind OK, sein Rücken gleichsam. Es plagt ihn jedoch irgendein Nerv. Hat deshalb Schwierigkeiten beim Aufstehen, läuft nicht gerne.
So. Doch alles ist wie weggeblasen wenn Besuch kommt. Da zeigt er sich jung, dynamisch und ganz schön zudringlich. Wobei es ihm völlig egal ist das es sich nicht um einen Artgenossen handelt. Ist der Besuch weg = "Wo ist Balou??" Richtig. Liegt und schläft tief und fest weil das alles furchtbar anstrengend war.
Auch sein abendliches Ritual bemerkenswert. Er liegt, schaut zu mir, und fängt an zu "jammern". Das geht so lange bis ihm (kein Scherz) Wasser gereicht wird. Nach dem Trinken bedankt er sich artig. Nein, nicht mit Worten, mit eindeutiger Körpersprache = Anschauen, Küsschen. Einige Zeit später geht das Spiel in abgewandelter Form weiter. Mit viel Lob bedacht erhebt er sich, wechselt seinen Platz und... schläft endlich ein.
Für so (das Uraltnichtwissen überdauert wohl noch die Menschheit) eine "Instinktgesteuerte" Maschine beeindruckend.
Trotz seiner Marotten. Balou ist ein treuer Freund. Wegen meiner kann er 100 Jahre alt werden. Er ist ein angenehmer Zeitgenosse. OK, Flash und Asko sehen das ein wenig differenzierter, da er ihnen im Schlafzimmer die Wege versperrt und manchmal "verteidigt". Nur ein Murren, doch es beeindruckt. Keine Sorge. Flash z.B. hat Möglichkeiten gefunden dem zu entgehen. Asko wird von mir, wenn nötig, an ihm vorbei gelotst.

 

Ich mag zwar etwas älter sein...

 

doch bei der Pflaumenernte...

war ich der Einzigste der tatkräftig mitgeholfen hat!

 

Ein kleiner Nachsatz zu seiner "Zudringlichkeit" bei Besuchern. Diese hat definitiv und zu keiner Zeit nichts mit dem (war oder ist immer noch ein Modewort) Dominanzgebaren zu tun.
Es gibt bei Rüden den Hang "Aufzureiten" um darzulegen das sie dominieren. Diese Art des Aufreitens unterscheidet sich jedoch, selbst für Laien einsehbar, von dem sexuell motivierten Aufreiten. Es ist problemlos möglich dem Rüden darzulegen das dies nicht gewünscht ist. Mund aufmachen, klare Worte reichen.
Ein Hund hat keine anerzogene Trennlinie die ihm sagt das es sich nicht gehört.
 
Kulturelle, religiöse, philosophische Einschränkungen menschlicher Prägung sind ihm fremd, interessieren ihn nicht sonderlich. Trotzdem ist er kein Jota schlechter. Er ist ein Hund und lebt nach den Richtlinien seiner Art. Wir Menschen heben uns gerne über das Tier. Doch mal ehrlich. Wer ist auf dieser Welt, trotz intellektueller Fähigkeiten destruktiver gegenüber Mensch, Tier, Umwelt? Somit im Grunde dümmer? Also bleiben wir Zweibeiner auf den Teppich.
Noch ein Hinweis. Kultur, Religion, Philosophie sind keine starre Angelegenheit. Sie unterliegen gleichsam Änderungen, Entwicklungen etc. Ein Blick in die Denkweisen und Anschauungen  früherer Kulturen offenbaren interessante Einblicke.
Siehe auch: Loyd Grossmann: Der beste Freund des Menschen, Der Hund. Begleitbuch zur großen BBC/WDR Fernsehserie
 
 

 

Balou schläft auf Grund seines Alters mittlerweile viel.
Und genau so "platt" ist der Kerle nach Besuchen.
Ich will gar nicht mehr hören
was mein Herrchen so über mich schreibt.

 

2007 geht zu Ende. Es bleibt zu hoffen das Balou weiterhin von Krankheiten, die sein Leben bedrohen könnten, verschont bleibt. Er ist ein alter, manchmal leicht starrsinniger Leonberger Mann. Andererseits ein Freund der  durch Dick und Dünn geht. Er lässt darüber hinaus mancherlei Besucher, die nichts mit diesen Lebewesen zu tun haben, die Frage stellen: "Lebt der mit im Haus?" So ein großer Hund?
Nun, und das ist meine feste Überzeugung. Zwinger, Gefängnisse, sind Erfindungen des Menschen. Nutze er sie und lasse alle anderen Lebewesen damit in Ruhe.
Keiner wird gezwungen einen oder gar mehrere Hunde zu halten. Wem es widerstrebt mit ihnen zu leben soll es einfach sein lassen!!

Dezember 2008. Balou hat uns "verlassen"
 

 

 

 
2008... ich habe überlegt ob ich das bislang aufgezeichnete löschen und nur darauf eingehen sollte das Balou am 27.12.2008 gestorben ist.
Doch warum? Er hat gelebt und war beeindruckend in seinem Tun.
 
Im Laufe des Jahres hatte Balou vermehrt Probleme aufzustehen. Mit aufmunterten Worten die ihm sagten, das er stark und einfach nur toll sei, rappelte er sich immer wieder auf.
Und ging es nicht, so wurde so lange gejault bis sein Wunsch bzw. seine Wünsche erfüllt waren. Das Wasser, auch mal ein Leckerchen wurde so desöfteren
auf sein Verlangen hin gereicht. Ja. Er hat sich immer artig bedankt. Küsschen, hier, Küsschen dort.
Streicheleinheiten gab es bei allem selbstredend inclusive
 
Ob er es ausgenutzt hat? Eigentlich nicht. Über eine Videoaufnahme lässt sich allerdings feststellen, dass der Zausel sehr wohl wusste wie er seinen Willen durchsetzen konnte.
Wenn ich mir das ansehe.. Ja, ich war wohl sein Maskottchen. Doch als ein Hundemann mit Ehre wusste er das richtig einzuordnen.

Eine (von so vielen) Begebenheit geht mir nicht aus dem Kopf. Zwei Tage vor seinem Tod konnte er nicht mehr aufstehen. An den Abenden lag er wie immer im Schlafzimmer. Anders als sonst schlief er nicht einfach ein. Nein. Herrchen "durfte" eine Matratze holen und sich neben ihn legen. Er reichte mir seine Pfote und schlief dann ohne weiteres Murren ein.

Das ist kein Scherz. Ich hätte es mir nie verziehen wenn ich seinem Bitten nicht nachgekommen wäre. Ob das vermenschlicht ist? Logisch. Der Hund stammt bekanntlich vom Planeten Melmac und heißt immer und zu jeder Zeit "Alf".

Ich habe nur Verachtung übrig für Menschen die glauben das sie bzw. der Mensch Denken/Fühlen gepachtet haben. Sorry. Schwachsinn!

 
Am Morgen des 27.12.2008 war es soweit. Der letzte Gang zum Tierarzt.

 

Balou mit seiner Freundin Sina

 

 

 

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2010, er ist immer noch präsent. Ich denke täglich an ihn. Er geht mir mit seinem in den Jahren gezeigtem Verhalten nicht aus dem Kopf. Er war wahrlich eine Persönlichkeit und ein echter Freund.

Danke Balou!

 

 

 

Created&Copyright© Uwe Hermann 1996-2010